05.11.2024 | Die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten von Borbet Sachsen in Kodersdorf sind erneut ins Stocken geraten. Der Termin am 30. Oktober endete einmal mehr ohne Ergebnis. Statt finaler Abstimmung der zuvor erzielten Verhandlungsergebnisse präsentierte die Arbeitgeberseite neue Forderungen, die für die IG Metall Ostsachsen nicht akzeptabel sind.
Während der Verhandlung Ende September hatten sich IG Metall Ostachsen und die Geschäftsführung des Premium-Leichtmetallräderherstellers auf Eckpunkte für einen ersten Entgelttarifvertrag geeinigt. Das Zwischenergebnis stellte einen Kompromiss dar, der den Beschäftigten deutliche Verbesserungen beschert, ihnen aber auch einige Zugeständnisse abverlangt hätte. Zur Kompensation hatte das Unternehmen während der Laufzeit des ersten Entgelttarifvertrags zwölf Pflichteinbringschichten sowie drei unentgeltliche Einbringschichten (24 Stunden) pro Jahr verlangt.
Einschnitte, die die IG Metall Ostsachsen in den ersten Oktoberwochen mit den Kolleginnen und Kollegen besprochen hatte, um deren Akzeptanz abzufragen. „Weil das Zwischenergebnis unterm Strich unseren Kolleginnen und Kollegen dennoch deutlich mehr finanziellen Spielraum beschert hätte, überwog am Ende die Zustimmung“, sagt Krzysztof Iwanowski, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Ostsachen. „Wir sind am 30. Oktober in die Verhandlungen gegangen, um den Sack zuzumachen und endlich den ersten Entgelttarifvertrag unter Dach und Fach zu bringen.“
Neue Hürden statt Zieleinlauf
Doch dann kam alles anders. Die Arbeitgeberseite legte neue Forderungen auf den Tisch. Punkte, die aus Sicht der IG Metall in der vorherigen Gesprächsrunde bereits geklärt waren. So soll die Inflationsausgleichsprämie, die die Beschäftigten noch in diesem Jahr – steuer- und abgabenfrei – erhalten sollten, geringer ausfallen, als zunächst vereinbart. Und die verabredete Ankopplung der Löhne an die Tariftabelle in Nordrhein-Westfalen nach ERA-Eingruppierung im Sommer 2025 soll nun nicht mehr alle Entgeltgruppen betreffen.
„Das ist nicht das, was wir Ende September verhandelt haben. Das ist nicht nachvollziehbar und das nehmen wir so nicht hin“, sagt Uwe Garbe, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen, über die Rolle rückwärts, die der Arbeitgeber in der Verhandlung am 30. Oktober vollzogen hat. „Dieses Angebot ist völlig unzureichend, das Gesamtpaket stimmt noch lange nicht.“
Statt den Einigungsprozess auf der Zielgeraden zu Ende zu führen, baue der Arbeitgeber nun neue Hürden auf, so Uwe Garbe. „Unsere Kolleginnen und Kollegen bei Borbet in Kodersdorf brauchen endlich eine faire Bezahlung, ihre gute Arbeit muss zeitnah auch entsprechend gut bezahlt werden.“ Der Erste Bevollmächtigte betont: „Wir werden uns auf keine faulen Kompromisse einlassen. Bis zur nächsten Verhandlung am 22. November erwarten wir ein faires und somit deutlich verbessertes Angebot.“
Für die IG Metall Ostsachsen steht fest, dass sich die Arbeitsbedingungen der Borbet-Beschäftigten in Kodersdorf schleunigst verbessern müssen. Bislang werden die Kolleginnen und Kollegen in Sachsen von allen europäischen Borbet-Standorten am schlechtesten bezahlt. „Dass unsere Kolleginnen und Kollegen hier Opfer der Sparpolitik des Unternehmens sind, muss sich zügig ändern“, sagt Uwe Garbe. „Wir fordern die Geschäftsführung einmal mehr auf, endlich ihre Verzögerungstaktik sein zu lassen und mit uns konstruktiv nach fairen Lösungen zu suchen.“
Für den 7. November plant die IG Metall Ostsachsen die Sitzung einer Arbeitsgruppe, um zu sondieren, inwieweit eine Annäherung gefunden werden kann.
Hintergrund:
Borbet verfügt über mehrere Standorte in Deutschland. In Kodersdorf arbeiten circa 560 Beschäftigte für einen der weltweit führenden und erfolgreichsten Hersteller von qualitativ hochwertigen Leichtmetallrädern. Seit Anfang Januar 2024 hat die IG Metall mit dem Arbeitgeber über bessere Arbeitsbedingungen verhandelt. Nachdem die Verhandlungen monatelang stagniert hatten, gelang im Frühsommer ein erster Durchbruch, der den Kolleginnen und Kollegen den ersten Tarifvertrag bescherte. Darin hatten sich IG Metall und Arbeitgeber auf die Zahlung von Inflationsausgleichsprämien geeinigt. Für die Bewegung am Verhandlungstisch haben die Borbet-Beschäftigten in Kodersdorf im Frühjahr mit zwei starken Warnstreiks gesorgt.