Projekt „Zukunft Ost“

Transformation der Industrie in Ostdeutschland

07.02.2019 | Spannende Praxisbeispiele und ein neues Konzept für Zukunftszentren in Ostdeutschland aus dem Bundesarbeitsministerium waren die Grundlage für interessante Diskussionen der rund 50 Metallerinnen und Metaller, die auf Einladung des Projekts „Zukunft Ost“ am 6. Februar nach Berlin gekommen waren. Im Mittelpunkt standen die besonderen industriepolitischen Herausforderungen für den Strukturwandel der Industrie im Osten.

In der Einführung betonte Astrid Knüttel, Leiterin des Projekts „Zukunft Ost“, dass beim Prozess der Transformation die Menschen im Mittelpunkt stehen müssen. „Der Wandel wird von den Menschen derzeit im Osten als ungerecht erlebt. Der soziale Zusammenhalt bröckelt sichtbar“, sagte Astrid Knüttel. „Dem wollen wir als IG Metall entgegentreten.“

Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, berichtete in seiner Rede von den Zielen und Plänen, die ein erfolgreicher Strukturwandel der Industrie im Osten braucht. „Die Transformation ist im vollen Gange. Schätzungen zufolge werden bis 2035 ca. 1,5 Millionen Jobs wegfallen, aber auch viele neue entstehen. In allen Branchen werden neue Qualifikationen gefragt sein. Unsere ostdeutschen Regionen sind in der Automobilindustrie geprägt von Zulieferern für Verbrennungsmotoren, aber auch von KMU – Strukturen im Maschinenbau Und es gibt einen hohen Anteil ungesicherter Jobs ohne tariflichen Schutz. In der Konsequenz bedeutet das, dass die Politik – und hier nehme ich Bund und Länder in die Pflicht – die Transformation zu ihrem Kernthema machen muss und die Arbeitgeber ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden müssen!“

Wolfgang Lemb erläuterte, dass wir industriepolitisch einen Masterplan Mobilität und Energie brauchen, mit dem wir die Voraussetzungen schaffen, um eine zweite De-Industriealisierung des Ostens zu verhindern. „Arbeitsmarktpolitisch brauchen wir belastbare Zusagen der Unternehmen (Konzernmütter) und weitergehende Arbeitsmarktinstrumente von einem Transformations-Kurzarbeitergeld bis hin zur Flankierung von Personalplanung, -entwicklung und -qualifizierung“, so Lemb. „Regional- und strukturpolitisch sind Konzepte und Instrumente mit einem hohen Maß an Beteiligung notwendig. Kurzum: Wir brauchen eine soziale, nachhaltige und demokratische Transformation!“

Horst Schütt, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von Otis ES, berichtete über ein Projekt zur Smart Factory im Betrieb, welches mit Unterstützung des aus europäischen Mitteln geförderten IG Metall-Projekts „Arbeit+Innovation“ umgesetzt wurde. Er stellte eine Rahmen-Betriebsvereinbarung „Industrie 4.0“ vor, die die Entgeltabsicherung und Qualifizierung der Kolleginnen und Kollegen sowie Arbeits- und Gesundheitsschutz beinhaltet.

Gemeinsam mit Jan Otto, Erster Bevollmächtigter IG Metall Ostsachsen, präsentierte Christoph Hahn, Gewerkschaftssekretär für Wirtschafts- und Strukturpolitik in der Bezirksleitung der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, zum Thema: „Lausitz: Von der Kohleregion zur Modellregion für Energiespeicher?“ 2038 soll das Ende der Kohleverstromung spätestens realisiert werden. Betroffen sind beispielsweise 8.500 Beschäftigte der LEAG – dem größten ostdeutschen Energieunternehmen und Arbeitgeber in der Region. Rund 3.300 Partnerfirmen erbringen für die LEAG Leistungen im Umfeld von Bergbau und Energie. Auch etliche Handwerksbetriebe werden von dem Kohleausstieg betroffen sein. Laut einer ifo-Studie werden im Metallbereich direkt und indirekt mehr als 30.000 Arbeitsplätze in der Lausitz betroffen sein. Beide machten deutlich, dass es keine unterschiedliche Behandlung der Beschäftigten, der direkt und indirekt Betroffenen geben dürfe.

In Ostsachsen arbeiten IG Metall und Betriebsräte schon aktiv daran, die Lausitz als Energieregion zu erhalten und fit für die Zukunft zu machen. Dazu berichteten auch Christoph Scholze, Innovationsmanager Siemens Görlitz und Christian Schulze, Betriebsratsvorsitzender Daimler-Accumotive Kamenz.

Jens Klemm, Betriebsrat bei Schmiedewerke Gröditz, berichtete über systematische Personalentwicklung im Stahlwerk mithilfe des IG Metall-Projekts „ZuArbeit“. In Gröditz arbeiten rund 720 Beschäftigte. Abzusehen ist, dass viele erfahrene Kolleginnen und Kollegen in den nächsten Jahren mit ihrem Wissen das Werk verlassen werden. Im Werk wird schon heute überlegt, wie ein Wissenstransfer organisiert, Qualifizierung organisiert und beispielsweise auch Arbeitsplätze alternsgerecht gestaltet werden können. Dazu wurde eine Qualifikationsmatrix erarbeitet.

Markus Müller aus dem Bundesarbeitsministerium stellte das Konzept der Zukunftszentren Ostdeutschland vor, mit dem an fünf regionale Zukunftszentren bis Herbst 2019 als regionale Think-Tanks mit Beratungs- und Qualifizierungsangeboten im Rahmen einer Europäischen Sozialfonds Richtlinie gegründet werden sollen.

Wolfgang Lemb machte abschließend deutlich, dass diese Initiative mit bestehenden und neu zu aktivierenden Initiativen regionaler Strukturpolitik verzahnt werden müsse.

Von: em

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