DGB-Ausbildungsreport Sachsen

Viele Baustellen – Zufriedenheit der Auszubildenden in Sachsen sinkt

13.01.2025 | Die Zufriedenheit der Auszubildenden in Sachsen mit ihrer Ausbildung sinkt. Und: Die Übernahme nach der Ausbildung im Freistaat ist keine Selbstverständlichkeit – im Gegenteil. Das zeigen die Ergebnisse des neuen sächsischen Ausbildungsreports, den die DGB Jugend Sachsen am 10. Januar veröffentlicht hat. Schwerpunktthemen des Regionalreports Sachsen 2024 war diesmal die fachliche Anleitung durch Ausbilderinnen und Ausbilder sowie die methodische Gestaltung der Ausbildung.

Gewerkschaftssekretärin Anna-Lena Brand ist in der Geschäftsstelle Ostsachsen unter anderem für die Junge IG Metall zuständig.

Der fokussierte Blick auf den Schwerpunkt der neuen Studie zeigt: Es braucht nicht viel, damit Auszubildende mit ihren Ausbilderinnen und Ausbildern zufrieden sind. In der Regel reichen eine gute Anwesenheit und Erreichbarkeit sowie ein regelmäßiges Feedback zum Ausbildungsstand aus, damit die Auszubildenden zufrieden sind. Selbstverständlich ist das jedoch nicht, wie die Untersuchung offenbart. Deutlich über die Hälfte der Auszubildenden (56,2 Prozent) erhält weniger als einmal im Monat eine persönliche Resonanz zu ihrer Ausbildung. Dabei trägt bereits eine persönliche Rückmeldung pro Monat deutlich zu einer positiveren Einschätzung der jungen Leute bei.

Gefordert: mehr Zeit und mehr Weiterbildung für Ausbilderinnen und Ausbilder
Dabei stellt der Report auch klar: Auf den Schultern der Ausbilderinnen und Ausbilder lastet eine große Verantwortung, weil ihre Betreuung maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der Ausbildung und damit auf die Perspektiven der jungen Menschen in ihrem Beruf hat. „Ausbilderinnen und Ausbilder brauchen deshalb zeitliche Ressourcen für eine intensive und individuelle Betreuung der Auszubildenden und die Möglichkeit, sich regelmäßig fort- und weiterzubilden, um mit neusten Methoden auf sich rasant wandelnde Anforderungen der Arbeitswelt auszubilden“, sagt Anna-Lena Brand, Erschließungssekretärin in Ostsachsen und zuständig für die Junge IG Metall in der Geschäftsstelle. „Ziel muss eine enge Begleitung aller Auszubildenden auf Augenhöhe sein, die es Ausbilderinnen und Ausbildern ermöglicht, Arbeitsvorgänge detailliert und für jede und jeden verständlich zu erklären.“

Daniela Kolbe, stellvertretende Vorsitzende des DGB Sachsen, forderte die Ausbildungsunternehmen bei der Vorstellung der Studie deshalb auf, „Ausbilderinnen und Ausbildern genügend Zeit einzuräumen, damit sie ihre wichtige Arbeit gut machen können.“ Sie wies die Betriebe auch daraufhin, dass eine hochwertige und zeitgemäße Ausbildung auch in deren eigenem Interesse liegen müsse: „Wer nach Fachkräften ruft, darf die Qualität der Ausbildung nicht vernachlässigen.“ Ausbildungsunternehmen und politische Entscheidungsträger sollten sich die Erkenntnisse des Ausbildungsreports deshalb „genau anschauen“.

Welche Faktoren beeinflussen die Zufriedenheit?
Neben dem Schwerpunktthema untersuchte die Studie auch, wie zufrieden die Auszubildenden im Freistaat im Allgemeinen mit ihrer Ausbildung sind, mit welchen Rahmenbedingungen die jungen Leute konfrontiert sind oder wie es um die Übernahme nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung bestellt ist.

Dabei zeigt sich: Die Zufriedenheit mit der Ausbildung in Sachsen ist gegenüber der letzten Datenerhebung gesunken. Waren zwei Jahre zuvor noch 75 Prozent mit der Ausbildung zufrieden, sind es 2024 nur noch 71 Prozent. Darauf haben viele Faktoren einen Einfluss, zum Beispiel lange Anfahrtswege, die Höhe der Ausbildungsvergütung und auch die Qualität der Ausbildung.

„Wir haben in der Metall- und Elektroindustrie gerade einen tollen Abschluss hingekriegt, der Auszubildenden 140 Euro mehr Vergütung pro Monat beschert und ihre Vergütung in einem zweiten Schritt ab April 2026 um weitere 3,1 Prozent steigen lässt“, sagt Gewerkschaftssekretärin Anna-Lena Brand, die in der Geschäftsstelle Ostsachsen auch für die Junge IG Metall zuständig ist. Ausbildungsvergütung allein macht Auszubildende aber nicht glücklicher. Deshalb schickt Anna-Lena Brand gleich ein Aber hinterher. Denn in der Region Ostsachsen gibt es neben strukturellen Problemen auch einige Faktoren im Betrieb, die zu Unzufriedenheit führen.

„Weite Wege zur Berufsschule sind ein No-go“
„Viele unserer Auszubildenden beklagen, dass es zu wenig Berufsschulen gibt“, sagt Anna-Lena Brand. „Teilweise müssen sie für eine Strecke eine Fahrzeit von bis zu zwei Stunden hinnehmen. Deshalb fordern wir die Politik auf, in die Bildung zu investieren und für mehr Berufsschulen zu sorgen, was die Attraktivität der Ausbildung deutlich steigern würde.“

Baustelle Übernahme
Neben der Politik sieht Anna-Lena Brand auch die Ausbildungsbetriebe selbst in der Pflicht. „Unseren jungen Kolleginnen und Kollegen fehlt viel zu oft eine Perspektive, weil sie selbst im letzten Jahr ihrer Ausbildung noch nicht wissen, ob sie von ihrem Betrieb nach erfolgreichem Abschluss übernommen werden. Das ist in unseren Betrieben eine große Baustelle“, berichtet Anna-Lena Brand. Sie fordert deshalb: „Für die Zukunft der jungen Menschen, für die Region und die hier ansässige Industrie ist es wichtig, dass sie nicht abwandern und Ostsachsen dauerhaft den Rücken kehren. Sind die Fachkräfte erst einmal in andere Regionen abgewandert, werden sie dort oft sesshaft und sie sind dauerhaft für die Region verloren.“

Der Ausbildungsreport offenbart diese Baustelle für ganz Sachsen: Gut zwei Drittel der befragten Auszubildenden geben an, auch in Zukunft in ihrem Ausbildungsberuf arbeiten zu wollen, aber nur knapp ein Drittel der Befragten hatte bereits eine Zusage des ausbildenden Betriebs.

„Auszubildende sind keine billigen Hilfskräfte“
Für viel Unmut sorgen auch weiterhin die oft ungeliebten ausbildungsfremden Tätigkeiten unter Auszubildenden, zu denen nicht nur Kaffeekochen und Werkstatt fegen zählen. So gaben nur 31 Prozent der befragten Auszubildenden aus Sachsen, die ihren Ausbildungsplan (sehr) gut kennen an, und daher sehr genau wissen, wenn eine von ihnen geforderte Tätigkeit ausbildungsfremd ist, dass sie diese nie verrichten müssen. „Immer wieder hören wir von Auszubildenden, dass sie zu Tätigkeiten verpflichtet werden, die nicht Bestandteil ihres Ausbildungsrahmenplans sind oder als Hilfsbeschäftigte herangezogen werden, mit denen Unternehmen den Mindestlohn einsparen“, sagt Anna-Lena Brand. Das widerspricht nicht nur dem Sinn und Zweck einer Ausbildung, sondern ist sogar verboten. Denn das Berufsbildungsgesetz (BBiG) legt in Paragraf 14 (2) eindeutig fest, dass Auszubildenden nur Tätigkeiten zugewiesen werden dürfen, die dem Ausbildungszweck dienen und damit für die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten erforderlich sind. Akkord- und Fließbandarbeit, Wiederholen von Arbeiten oder regelmäßiges Saubermachen von Werkstätten und Büros, es sei denn, es handelt sich um den eigenen Arbeitsplatz oder das eigene Werkzeug, und private Besorgungen für die Vorgesetzten gehören nicht dazu.

Positiv für die Zufriedenheit: Mitbestimmungs- und Gewerkschaftsstrukturen
Eindeutig gezeigt hat der Regionalreport Sachsen aber auch, wie wichtig Mitbestimmungsstrukturen für die Zufriedenheit mit der Ausbildung sind. Denn die Zufriedenheit der Auszubildenden, in deren Betrieb es eine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) gibt, ist die Quote derjenigen, die ihren Betrieb weiterempfehlen würden signifikant höher. Positiv auf die Zufriedenheit wirken sich auch Tarifverträge und die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft aus. Rund 78 Prozent der Auszubildenden in Sachsen, die einer Gewerkschaft angehören, sind mit ihrer Ausbildung (sehr) zufrieden, die Quote der zufriedenen Nichtmitglieder lag um 7 Prozent niedriger. In diesem Punkt lässt sich schnell etwas ändern: Hier geht’s direkt zum Mitgliedsantrag und zu mehr Zufriedenheit!

Studiendesign
Die Erhebung der Daten von Auszubildenden in Sachsen fand überwiegend im Rahmen der Berufsschultouren der DGB Jugend statt. In die Studie flossen die Antworten von 1845 Auszubildenden ein.

 

Von: kk

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