Berichte aus den Betrieben

Enttäuschung und Unverständnis bei Siemens Energy in Görlitz nach Einigung zu geplanten Restrukturierungsmaßnahmen

16.09.2021 | Nach harten und sehr zähen Verhandlungen haben sich am Dienstag Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter der Siemens Energy in München geeinigt. 124 Stellen sollen in Görlitz im Rahmen der im Februar angekündigten Restrukturierungsmaßnahmen wegfallen. Zwar konnten die Pläne der Konzernleitung auch das Ausbildungszentrum in Görlitz zu schließen, abgewendet werden, doch für das Siemens Energy Werk in Görlitz bleibt ein bitterer Beigeschmack.

Siemens Energy steckt in Mitten der Transformation und hat für das vergangene Geschäftsjahr fast 2 Milliarden Euro Verlust ausgewiesen. Bestreben des Vorstandschefs Christian Bruch sind umfassende Personalabbaumaßnahmen und Kostensenkungsprogramme, hierbei standen 3000 Arbeitsplätze in Deutschland zur Disposition sowie die Verlagerung von Produktionsstrecken nach Ungarn. Seit Anfang dieser Woche sind die Verhandlungen abgeschlossen, dabei konnten die Restrukturierungsmaßnahmen nur noch geringfügig abgemildert werden. Die zukunftsträchtige Fertigung der Wasserstoff Elektrolyseure geht nach Berlin, die Endmontage nach Mühlheim, auch Görlitz hatte sich um die Produktionszusagen beworben, erhielt aber nicht den Zuschlag. Die Verlagerung von Produktionsstrecken nach Ungarn, die das Berliner Gasturbinenwerk betrifft, konnte nur noch mit einer späteren Umsetzung versehen werden.

Das Werk in Görlitz befindet sich seit Jahren im Abwehrkampf. Es sei nunmehr die dritte Restrukturierungsmaßnahme seit 2015. Der Ton der Arbeitgeberseite habe sich enorm verschärft und gleiche fast der Erpressung. Dies zeige auch der Gang zur Einigungsstelle, welcher im Rahmen der Verhandlungen stattgefunden habe, für Siemens ein absolutes Novum. Normalerweise wurden stets sozialpartnerschaftliche Lösungen gefunden, sagte Uwe Garbe, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen.

Erst 2018 konnte eine komplette Standortschließung durch die damals noch Siemens AG geplante Restrukturierungsmaßnahme abgewendet werden, ein Zukunftspakt gemeinsam mit der Bundespolitik entstand. Dabei gilt das Werk in Görlitz als Kompetenzzentrum für Zukunftstechnologien und kann unter anderem mit dezentralen Anwendungen wie Solarthermie, Abwärmenutzung, Biomasseanlagen sowie schwimmenden Kraftwerken aufwarten - Produktsparten mit denen sich in Zeiten des Klimawandels ein profitables Bestandsgeschäft generieren ließe.

Garbe weiter: „Wir sind angetreten, um den Standort weiterzuentwickeln und den Kolleginnen und Kollegen eine sichere Perspektive zu geben. Deshalb ist das Verhandlungsergebnis eher eine Enttäuschung für uns. Diese Enttäuschung kann der Erfolg des Erhalts des Ausbildungszentrums nicht aufwiegen, auch wenn man deutlich sagen muss, dass dieser Erhalt eine große Chance für die Region darstellt. Wir werden als IG Metall Ostsachsen auch weiterhin für eine verlässliche Perspektive des Standorts kämpfen, dazu werden wir unsere Anstrengung intensivieren Produktzusagen nach Görlitz zu holen. Denn eines muss hierbei klar sein, Transformation der Industrie kann nicht heißen, dass man als Lösung Beschäftigungsabbau und die Verlagerung von Produktion ins Ausland präsentiert. Wir benötigen die Schlüsseltechnologien und deren Entwicklung vor Ort, dafür ist Görlitz hervorragend aufgestellt und ausgerichtet. Wir brauchen hier hervorragend ausgebildete Fachkräfte und Perspektiven für die Region im Rahmen des Strukturwandels, mit dem Ziel als Energieregion Technologien auf dem Weg zur Klimaneutralität zu fördern und voranzutreiben. Nur so kann Deutschland als Industriestandort gestärkt werden. Hier nehmen wir ganz klar auch Siemens in die Pflicht und erwarten, dass ein so großer Konzern auch seiner gesellschaftlichen Verpflichtung und Verantwortung nachkommt.“ 

Von: em

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