09.07.2021 | In Gruppen von 20 bis 25 Personen führte der Betriebsrat gemeinsam mit der IG Metall Ostsachsen bis einschließlich Donnerstag insgesamt 30 Abteilungsversammlungen durch . Aus pandemischen Gründen wurde ein Versammlungszelt auf dem Werksgelände errichtet. Neben Themen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes wurde auch über laufende Verhandlungen zu Betriebsvereinbarungen berichtet. Ebenso wichtig und drängend, wie betriebliche Themen, ist die anstehende Tarifbewegung. Denn bei Birkenstock gibt es eine enorme Schieflage. Obwohl ein hochwertiges und hochpreisiges Produkt hergestellt wird, wird nur knapp über dem Mindestlohn gezahlt. Hinzu kommt, mehr als 40 % der Beschäftigten sind Leiharbeitnehmende. Das muss sich ändern.
Am Standort des Schuhherstellers Birkenstock in Bernstadt werden die Obermaterialien für das Markenprodukt hergestellt. Knapp 800 Kolleginnen und Kollegen verarbeiten dort unter anderem Naturmaterialien wie Leder in zum Teil sehr anspruchsvollen Arbeitsgängen. Viele nehmen ihr Recht auf Teilnahme wahr, die seit nunmehr 2 Wochen durchgeführten Abteilungsversammlungen sind gut besucht. Da viele Kolleginnen und Kollegen aus Polen kommen, übersetzt ein Dolmetscher alle Beiträge ins Polnische. Die Beschäftigten informieren sich und lauschen den Beiträgen des Betriebsrats, dabei gibt es viele Fragen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz aber auch zur Gestaltung von Leistungsprämien. Es zeigt sich deutlich, dass der Raum und die Zeit benötigt wird, um sich auszutauschen.
Beim Beitrag der IG Metall Ostsachsen hören vielen gespannt auf. Nickende Gesichter und viel Zustimmung verdeutlichen die Irritationen über den aktuellen Status Quo bei Birkenstock. Auch der Kauf von Birkenstock durch den amerikanisch-französischen Finanzinvestor „L Catterton“ werden thematisiert. Denn noch ist völlig unklar, wie sich das auf die Arbeits- und Produktionsbedingungen auswirken wird.
Eileen Müller, Gewerkschaftssekretärin und Betriebsbetreuerin sagte nach den Abteilungsversammlungen: „Wir haben an den Birkenstock Standorten in Bernstadt und Görlitz eine enorme Schieflage. Die Kolleginnen und Kollegen stellen ein qualitativ hochwertiges und hochpreisiges Produkt her, ihre Arbeit bedarf einer Menge Know How und Qualitätsempfinden. Hier in Bernstadt zum Beispiel werden Naturmaterialien verarbeitet, das ist höchst anspruchsvoll und immer auch abhängig vom Material. Dem entgegen steht, dass nur knapp über den Mindestlohn gezahlt wird. Das ist ungerecht und entspricht keines Wegs einer angemessenen Wertschätzung. Auch die Beschäftigtenstruktur mit mehr als 40 % Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmerinnen ist für die Beschäftigten ein untragbarer Zustand. Der Flexibilität in der Personalplanung für das Unternehmen steht die Angst der Kolleginnen und Kollegen gegenüber. Sie können jeden Tag abgemeldet werden, das ist für die Betroffenen schier unerträglich und macht Planungen für die nahe Zukunft unmöglich. Das muss sich dringend ändern, darüber sind wir uns mit den Beschäftigten und dem Betriebsrat einig. Deshalb ist es so wichtig die Kolleginnen und Kollegen über den Sinn und Zweck von Tarifverträgen zu informieren und aufzuzeigen, was nötig ist, um aus dieser Schieflage auszubrechen. Dafür gibt es ganz klar nur einen Weg und der führt in die IG Metall.“