01.10.2019 | Die IG Metall hat die Gespräche zur Angleichung der Arbeitszeit Ost mit den Metall-Arbeitgebern für die Tarifgebiete Berlin, Brandenburg und Sachsen am 30. September beendet. Eine Einigung über die Einführung der 35-Stunden-Woche war mit den Arbeitgebern nicht möglich. Olivier Höbel, Bezirksleiter der IG Metall in Berlin-Brandenburg-Sachsen, nennt im Interview Gründe für das Ende der Gespräche und erklärt, wie es jetzt weitergeht.
Warum habt Ihr gestern in Berlin das Gespräch mit den Arbeitgebern beendet?
Nach einem anderthalbjährigen Verhandlungsmarathon in unterschiedlichen Formaten mussten wir am Ende erkennen, dass die Arbeitgeber nicht willens und auch offensichtlich unfähig waren, einen konstruktiven Verhandlungsansatz durchzuhalten und belastbare Ergebnisse mit uns zu vereinbaren.
Schon Ende Juni waren die Gespräche mit den Arbeitgebern für die Beschäftigten der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie ergebnislos beendet worden. Wie kam es zu diesem weiteren Gesprächstermin auf Bezirksebene?
Ausgangspunkt der Verhandlungen war das Tarifergebnis im Februar 2018, in dem wir eine Gesprächsverpflichtung bis Ende 2019 mit den Arbeitgebern gegen deren erbitterten Widerstand erreichen konnten. Wir haben dann mit den gut organisierten Belegschaften die Forderung aufgestellt, dass wir früher, nämlich bereits im Jahr 2018, mindestens zu einem Eckpunktepapier kommen wollen, das den weiteren Verhandlungsweg ergebnisorientiert beschreibt. Dieses Eckpunktepapier konnten wir mit dem Berliner Arbeitgeberverband Ende November 2018 unterschreiben. Leider mussten wir im Anschluss feststellen, dass der Dachverband Gesamtmetall diese Einigung zunichtemachte und damit jeden Verhandlungsfortschritt zerstörte.
Nach einem erneuten aufeinander Zugehen zu Beginn des Jahres 2019 haben wir uns auf eine zweite Halbzeit verständigt und haben dann einen sechsmonatigen Verhandlungsprozess für alle fünf ostdeutschen Bezirke vereinbart. Auch hier mussten wir nach sechs anstrengenden Verhandlungsrunden, die auf alle ostdeutschen Bundesländer verteilt waren, feststellen, dass mit den Arbeitgebern keine belastbaren Ergebnisse zu erreichen waren. Wir haben uns im Sommer 2019 dennoch auf einen Nachspielmonat verständigt und im September in zwei Terminen versucht, eine Einigung herbeizuführen. Auch das ist am Ende an der Verweigerung der Arbeitgeber gescheitert.
Was waren die kritischen Themen in den Verhandlungen?
Die Arbeitgeber haben im Verhandlungsverlauf einen sogenannten TV Future vorgelegt, der ein Frontalangriff auf den Flächentarifvertrag in Ostdeutschland war. In ihm war das klare Verlangen nach Arbeitszeitverlängerung bei gleichzeitiger Lohnkürzung enthalten. Der zweite zentrale Angriff bestand in ihrer Forderung, die Hoheit über die Setzung der Wochenarbeitszeit aus dem Flächentarifvertrag auf die Betriebsparteien zu verlagern. Dies hätte eine Deregulierung des Flächentarifvertrags bedeutet. Diese Position wurde bis zum Ende nicht wirklich zurückgenommen. Darüber hinaus wurde auch die zunächst bekundete Bereitschaft, am Ende eines über zehnjährigen Einführungszeitraums zum 1. Januar 2031 die verbindliche Einführung der 35-Stunden-Woche im Flächentarifvertrag zu garantieren, wieder einkassiert.
Wie geht es jetzt weiter?
Wir werden jetzt Betrieb für Betrieb die Arbeitszeit angehen.
Betrieb für Betrieb: Was bedeutet das?
Jetzt werden wir mit den IG Metall-Geschäftsstellen und den Belegschaften auf die Unternehmen zugehen, in denen wir die Einführung der 35 als Erstes vorantreiben wollen. Dazu werden die betrieblichen Tarifkommissionen zusammengeholt und die Arbeitgeber bekommen von uns eine schriftliche Verhandlungsaufforderung. Das bedeutet auch: Jetzt kommt es auf die Durchsetzungsfähigkeit der Belegschaften an.