Waggonbau Niesky

Zukunft für Waggonbau Niesky nur mit neuem Investor – Ende der Mahnwachen

12.06.2023 | Die IG Metall Ostsachsen intensiviert die Suche nach einem neuen Investor für den traditionsreichen Waggonbau Niesky. Dessen Zukunft ist auch gut einen Monat, nachdem das Unternehmen einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt hat, weiter ungewiss. IG Metall und Beschäftigte haben außerdem beschlossen, die Mahnwachen zu beenden und künftig alle Energien in die Investorensuche umzulenken.

Die Mahnwachen waren erfolgreich: Waggonbau Niesky ist in aller Munde. Die 30. Mahnwache am 6. Juni war die letzte. Ab jetzt lenken Beschäftigte und IG Metall Ostsachsen ihre Energien um. Ziel: Investor finden! Foto: IG Metall

Die IG Metall Ostsachsen sucht nach zukunftsfähigen Lösungen für die Beschäftigten und den Standort – außerhalb des slowakischen Tatravagonka-Konzerns, der seit 2018 Eigentümer des letzten Güterwagenherstellers in Deutschland ist, und in der Vergangenheit reichlich Zeit hatte, selbst tragfähige Konzepte vorzulegen.

„Erschlossene Gewerbeflächen, ein eigener Gleisanschluss und insbesondere das Know-how der Beschäftigten – der Standort verfügt über jede Menge Potenzial und dürfte nicht nur für Unternehmen der Schienentransportbranche von Interesse sein“, sagt Eileen Müller, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Ostsachsen. Dementsprechend hält die IG Metall auch eine Neuausrichtung des Standorts für denkbar. „Die Kolleginnen und Kollegen von Waggonbau Niesky haben in den vergangenen 30 Wochen, in denen sie jeden Dienstagnachmittag Mahnwache für den Standort gehalten haben, mit einem hohen Maß an Motivation demonstriert, dass sie ihren Standort in die Zukunft führen wollen.“

Ende der Mahnwachen
Sieben Monate, 30 Mahnwachen, haben die Beschäftigten nach Feierabend gemeinsam mit der IG Metall Ostsachsen vor dem Werktor öffentlichkeitswirksam für eine Perspektiv gekämpft. Mit Erfolg: Waggonbau Niesky ist deutschlandweit in aller Munde und auch politische Entscheidungsträger haben ihre Unterstützung zugesagt. Nachdem diese Ziele erreicht sind, haben Beschäftigte und IG Metall Ostsachen entschieden, die Mahnwachen einzustellen und die vorhandenen Energien nun in vollem Umfang in die Investorensuche umzulenken.

Gute Voraussetzungen für einen neuen Investor aus der Schienentransportbranche
Die Zeit für einen Investor aus der Schienentransportbranche könnte günstiger nicht sein. Denn klar ist: Soll der Klimawandel gelingen, muss die Verkehrswende herbeigeführt werden. Das bedeutet: Der Verkehr muss zunehmend von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Dafür müssen Güterwagen vorhanden sein, wie sie in Niesky seit vielen Jahren hergestellt werden. Dass eine eigene Güterwagenherstellung in Deutschland essenziell ist, hat die Lieferkettenproblematik der jüngsten Krisen deutlich gezeigt. Nicht zuletzt deshalb dürfen potenzielle Investoren auf Unterstützung auch aus der Politik hoffen.

Staatssekretär Thomas Kralinski, Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, sagt: „Es steht außer Frage, dass sich der Freistaat für den Erhalt des Waggonbaustandorts Niesky und für die Interessen der dort Beschäftigten einsetzt. Ich selbst habe mich an einer der Mahnwachen beteiligt, auch um auf die besondere industriepolitische Relevanz hinzuweisen, die der letzte deutsche Güterwaggonhersteller für die Resilienz von Wirtschaft und Gesellschaft sowie für die nötige Mobilitätswende in unserem Land besitzt. Die nun beantragte Insolvenz gibt den im Rahmen dieses Verfahrens betrauten Akteuren Gelegenheit zu einem Neuanfang. Und den werden wir selbstverständlich nach Kräften und im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen.“

Der Standtort hat auch branchenübergreifend viel Potenzial
Denkbar sind für die IG Metall Ostsachsen aber auch Investoren aus anderen Branchen, die in Niesky nicht nur große, erschlossene Gewerbeflächen finden, sondern auch motivierte Beschäftigte mit viel technischem Know-how. „In Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels ist das ein enormes Pfund, auf das potenzielle Investoren in unserer Region aufbauen können“, sagt Gewerkschaftssekretärin Eileen Müller.

Investoren, die an einer Gesamt- oder auch Teilübernahme des Standorts in Niesky interessiert sind, können sich auch an die IG Metall Ostsachsen wenden.

Hintergrund:
Der slowakische Eigentümer von Waggonbau Niesky hat Anfang Mai einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt und hat damit drei Monate Zeit, ein Sanierungskonzept vorzulegen.

Seit 2022 fordern die Beschäftigten den slowakischen Eigentümer des Waggonbau Niesky, Alexej Beljajev, zu einem Gespräch über drängende Kernfragen – Perspektive, Strategie, Struktur – auf. Alle Versuche, mit ihm über die Zukunft des Standorts über 2023 hinaus zu reden, scheiterten am hartnäckigen Schweigen des Eigentümers.

Gemeinsam mit kommunal-, landes- und bundespolitischen Protagonisten suchen Betriebsrat, Beschäftigte und die IG Metall Ostsachsen seit Monaten nach verlässlichen Lösungen. Im September 2022 hatte sich zudem ein Zukunftsteam aus Wissensträgern des Standorts gebildet. Gemeinsam haben sie ein Sofortmaßnahmenprogramm erarbeitet, das dem Eigner und der sächsischen Landesregierung zugeschickt wurde.

Von: kk

Unsere Social Media Kanäle