Waggonbau Niesky

26. Mahnwache bei Waggonbau Niesky: „Jetzt erst recht!“

10.05.2023 | 25 Wochen lang haben die Beschäftigten von Waggonbau Niesky den Eigentümer mit ihren Mahnwachen zu einer Antwort auf drängende Zukunftsfragen aufgefordert. Bei ihrer 26. Mahnwache am Dienstag, 9. Mai, haben sie eine Antwort: Das Unternehmen hat Insolvenz angemeldet und nun drei Monate Zeit, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten. Wie es danach weitergeht, ist ungewiss. Fest steht aber: Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall werden die kommenden drei Monate nutzen, um alle Möglichkeiten auszuloten, die dem Standort und der Belegschaft eine Perspektive geben. „Jetzt erst recht!“

Der strahlend blaue Himmel und die scheinende Sonne passen am Dienstag so gar nicht zu der Stimmung, die vor dem Werktor des Waggonbauers in Niesky herrscht.

Wie es in drei Monaten weitergeht, ist ungewiss. Fest steht aber: Bis dahin lassen Betriebsrat und IG Metall nichts unversucht, um für Standort und Arbeitsplätze eine echte Perspektive zu finden. Fotos: IG Metall

„Mit viel Wut im Bauch“ stehen Beschäftigte und IG Metall bei dieser 26. Mahnwache vor dem Werktor. „Wir lassen nichts unversucht, um Standort und Arbeitsplätze zu retten“, kündigt Uwe Garbe, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen, an. „In der Insolvenz kann auch eine Chance liegen. Mit dieser Gewissheit muss jetzt ein Investor gefunden werden.“ Die IG Metall sucht weiter nach zukunftsträchtigen Lösungen für den Waggonbau Niesky. Daran lässt Uwe Garbe keinen Zweifel.

Auch Betriebsratsvorsitzender Peter Jurke erklärt, den Kopf jetzt nicht in den Sand zu stecken. „Wir können Prozesse zwar nicht entscheiden, aber begleiten. Und genau das werden wir intensiv tun“, verspricht er seinen Kolleginnen und Kollegen.

Gefragt ist nach wie vor auch die Politik. „Wie kann die notwendige und viel beschworene Verkehrswende herbeigeführt werden, wenn ich die Unternehmen im eigenen Land nicht fördere", sagt Uwe Garbe. Und Eileen Müller, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Ostsachsen, ergänzt: „Die aktuellen Krisen zeigen deutlich, wie wichtig eine eigene Produktion ist. Wir haben bei Waggonbau Niesky top ausgebildete Leute mit jahrelanger Berufserfahrung und technologischem Know-how.“

Hintergrund:
Der Eigentümer hat in der ersten Maiwoche Insolvenz im „Schutzschirm-Verfahren“ beantragt. Das bedeutet: Der Unternehmer steht für drei Monate unter Aufsicht des Insolvenzgerichts und des eingesetzten Sachwalters, verliert aber nicht die Kontrolle über seinen Betrieb. Er hat nun drei Monate Zeit, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten.

Seit 2022 fordern die Beschäftigten den slowakischen Eigentümer des Waggonbau Niesky, Alexej Beljajev, zu einem Gespräch auf, wie es mit dem Standort nach 2023 weitergeht. Beljajev hatte das Unternehmen 2018 übernommen und eine Standortgarantie bis Ende dieses Jahres gegeben. Alle Versuche, mit ihm über die Zukunft des Standorts über 2023 hinaus zu reden, scheiterten. Der Eigentümers war zu keinem Gespräch bereit. Auch mehrere Schreiben der Landesregierung, um deren Unterstützung der Betriebsrat und die IG Metall Ostsachsen gebeten hatten, blieben ohne konkreten Gesprächstermin.

Gemeinsam mit kommunal-, landes- und bundespolitischen Protagonisten suchen Betriebsrat, Beschäftigte und die IG Metall Ostsachsen seit Monaten nach verlässlichen Lösungen. Im September 2022 hatte sich zudem ein Zukunftsteam aus Wissensträgern des Standorts gebildet. Gemeinsam haben sie ein Sofortmaßnahmenprogramm erarbeitet, das dem Eigner und der sächsischen Landesregierung zugeschickt wurde.

 

Von: Kathryn Kortmann

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