Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie

Erster 24 Stunden Warnstreik bei Bosch in Sebnitz - "Diese Eskalation hat der Arbeitgeberverband selbst zu verantworten. Es reicht!"“

23.04.2021 | Zum ersten Mal in der Geschichte in Ostsachsen legten die Kolleg*innen bei Bosch in Sebnitz für 24 Stunden die Arbeit nieder. Alle 460 Beschäftigten am Standort waren aufgerufen, sichdaran zu beteiligen. Das Gros der Beschäftigten verbrachte den den Warnstreik, der sich vom 22. April 5 Uhr bis 23. April 5 Uhr erstreckte zu Hause verbringen. Aufgrund der pandemischen Lage war ein Streikposten bestehend aus 10 bis 15 Personen vor Ort. Weitere flächentarifgebundene ostsächsische Betriebe waren mit Delegationen vor Ort, darunter auch die Alstom Standorte und Siemens in Görlitz. Nach bereits zwei durchgeführten Warnstreiks im März ist der 24-h-Warnstreik die nächste Eskalationsstufe im Rahmen des Tarifkonflikts in der Auseinandersetzung um das Tarifliche Angleichungsgeld in der Metall- und Elektroindustrie.

Nach dem am Montag die Verhandlungen mit dem VSME erneut ergebnislos verlaufen waren, wächst der Unmut bei den Beschäftigten. Sie sind enttäuscht über die derartige Ignoranz der Arbeitgeberseite. Die IG Metall bemängelt seitens des Arbeitgeberverbands eine Diskussion auf Augenhöhe und wirft ihm Sturheit und Arroganz vor. Das Verhalten sei nicht zukunftsweisend und zeuge von mangelndem Gestaltungswillen. Die Forderung nach dem Tariflichen Angleichungsgeld wurde regional im IG Metall Bezirk Berlin Brandenburg Sachsen aufgestellt. Sie soll nach mehr als 30 Jahren der Ungleichheit zwischen Ost und West endlich Gerechtigkeit schaffen und Standortnachteile beseitigen.

Jens Ehrlichmann, Betriebsratsvorsitzender von Bosch Powertools Sebnitz sagte am frühen Morgen: „Wir haben bereits zwei gute Warnstreiks in Sebnitz auf die Beine gestellt, mit der heutigen Aktion legen wir nach. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum es noch immer diese Ungleichstellung gibt. Sie ist auch ein Grund dafür, dass Fachkräfte abwandern und eher im Westen ihren Arbeits- und damit ihren Lebensmittelpunkt suchen.  Bosch ist ein breit aufgestellter Konzern, der in seinen Geschäftsfeldern unterschiedlich hart von der Entwicklung am Markt betroffen ist. So sind Sparten wie die Automobilzulieferer arg betroffen, andere konnten sich besser durch die Krise retten. Power Tools hat beispielsweise 2020 ein Rekordergebnis erreicht. Unsere Forderung ist deutlich und rechtens: Nach 30 Jahren sollte es keine Unterschiede in der Bezahlung zwischen West und Ost geben. Wir fordern die Angleichung Ost, und wollen, dass das endlich vom Tisch ist.“

Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen ergänzte: „Wir haben ein hohes Interesse daran mit dem sächsischen Arbeitgeberverband eine Flächenlösung für das tarifliche Angleichungsgeld herbeizuführen. Bisher gibt es dazu seitens des VSME jedoch keinerlei Bewegung. Daher müssen wir jetzt einen Gang hochschalten und gehen in die 24-h Streiks. Diese Eskalation hat der Arbeitgeberverband selbst zu verantworten. Es reicht!“

Hintergrund:

Die IG Metall fordert ein Volumen von 4 Prozent für Entgelterhöhungen oder zur Beschäftigungssicherung. Außerdem geht es um Zukunftstarifverträge, um die Transformation zu gestalten, und tariflich verbesserte Übernahmeregeln für Ausgebildete. Dazu fordert die IG Metall im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen für die rund 290.000 Beschäftigten (110.000 in Berlin-Brandenburg und 180.000 in Sachsen) ein Tarifliches Angleichungsgeld, damit 30 Jahre nach der Wiedervereinigung endlich Schluss ist mit der Ungleichbehandlung der Beschäftigten in Ost und West.

Der sächsische Arbeitgeberverband VSME hatte am 15. April 2021 vor dem Arbeitsgericht Leipzig eine einstweilige Verfügung gegen die Forderung für das Tarifliche Angleichungsgeld in dieser Tarifrunde erwirkt. Die IG Metall musste in Folge der Entscheidung alle Warnstreiks absagen. Nachdem die IG Metall direkt dagegen unmittelbar Berufung eingelegt hatte, hatte das Landesarbeitsgericht am 16. April die Entscheidung des Arbeitsgerichts Leipzig kassiert. Die Forderung nach einem Tariflichen Angleichungsgeld wurde als rechtskonform bestätigt und die IG Metall kann damit weiterhin zu Warnstreiks in der laufenden Tarifrunde aufrufen.

Von: em

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