Waggonbau Niesky

Jetzt liegen die Karten offen auf dem Tisch: Waggonbau Niesky hat Insolvenz angemeldet

08.05.2023 | Nach 25 Mahnwachen der Beschäftigten steht nun fest: Waggonbau Niesky hat am Donnerstag, 4. Mai, Insolvenz angemeldet und die Belegschaft einen Tag später, am 5. Mai, darüber informiert. Trotz dieser schockierenden Nachricht versammeln sich die Beschäftigten auch am Dienstag, 9. Mai, gemeinsam mit der IG Metall wieder vor dem Werktor, zur dann 26. Mahnwache. Im Vorfeld findet eine Betriebsversammlung statt.

Die Solidarität für die Beschäftigten bei Waggonbau Niesky in der Region ist groß. Die IG Metall Ostsachsen kündigt an, die Vorgänge des Unternehmens, das Insolvenz angemeldet hat, „extrem scharf“ zu beobachten. Foto: IG Metall

„Jetzt ist genau das eingetreten, was wir seit langem befürchtet haben. Der Eigentümer hat beim Amtsgericht Dresden einen Insolvenzantrag gestellt. Das Vorhaben, die Insolvenz in Eigenverwaltung durchzuführen, sehen wir absolut kritisch. Die zurückliegenden Jahre der Eigenverwaltung haben den Standort erst in diese Lage gebracht. Was wir nicht brauchen, ist eine Industriebrache in Niesky. Wir werden ein extrem scharfes Auge auf die Vorgänge haben müssen“, sagt Eileen Müller, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Ostsachsen. „Unser Ziel bleibt weiter, den letzten Güterwagenhersteller Deutschlands in eine sichere Zukunft zu führen. Das werden wir weiterhin gemeinsam mit Betriebsrat, Beschäftigten und Politik forcieren.“

Noch aber geben die Beschäftigten und die IG Metall die Hoffnung nicht auf, dass es für den Standort eine Zukunft gibt. „Das ist sicherlich eine bittere Entscheidung und nicht die, um die wir in den vergangenen Monaten gekämpft haben“, sagt Uwe Garbe, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen, „aber nun liegen die Karten zumindest auf dem Tisch. Darin kann auch eine Chance liegen. Mit dieser Gewissheit muss jetzt ein Investor gefunden werden. I Metall Ostsachsen

Für die IG Metall steht fest: Soll die Verkehrswende in Deutschland gelingen, muss der Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden – und das braucht Güterwaggons „made in Germany“. Die aktuellen Krisen zeigen deutlich, wie wichtig eine eigene Produktion ist. „Wir haben hier top ausgebildete Leute. Die rund 5750 Jahre Berufserfahrung, die die Kolleginnen und Kollegen am Standort mitbringen, sprechen für sich“, sagt Eileen Müller.

Der Eigentümer hat Insolvenz im „Schutzschirm-Verfahren“ beantragt. Das bedeutet: Der Unternehmer steht für drei Monate unter Aufsicht des Insolvenzgerichts und des eingesetzten Sachwalters, verliert aber nicht die Kontrolle über seinen Betrieb. Er hat nun drei Monate Zeit, ein Sanierungskonzept zu erarbeiten.

Auch die IG Metall sucht weiter nach zukunftsträchtigen Lösungen für den Waggonbau Niesky. Ob die wöchentlichen Mahnwachen auch über den kommenden Dienstag hinaus während der kommenden drei Monate weitergehen, entscheiden Beschäftigte und IG Metall in den nächsten Tagen.

Hintergrund
Seit 2022 fordern die Beschäftigten den slowakischen Eigentümer des Waggonbau Niesky, Alexej Beljajev, zu einem Gespräch auf, wie es mit dem Standort nach 2023 weitergeht. Beljajev hatte das Unternehmen 2018 übernommen und eine Standortgarantie bis Ende dieses Jahres gegeben. Alle Versuche, mit ihm über die Zukunft des Standorts über 2023 hinaus zu reden, scheiterten. Der Eigentümers war zu keinem Gespräch bereit. Auch mehrere Schreiben der Landesregierung, um deren Unterstützung der Betriebsrat und die IG Metall Ostsachsen gebeten hatten, blieben ohne konkreten Gesprächstermin.

Gemeinsam mit kommunal-, landes- und bundespolitischen Protagonisten suchen Betriebsrat, Beschäftigte und die IG Metall Ostsachsen seit Monaten nach verlässlichen Lösungen. Im September 2022 hatte sich zudem ein Zukunftsteam aus Wissensträgern des Standorts gebildet. Gemeinsam haben sie ein Sofortmaßnahmenprogramm erarbeitet, das dem Eigner und der sächsischen Landesregierung zugeschickt wurde.

Berichterstattung
Radio Lausitz, 8. Mai 2023
Süddeutsche Zeitung, 8. Mai 2023
ntv, 8. Mai 2023
Lausitzer Rundschau, 8. Mai 2023
Sächsische Zeitung, 8. Mai 2023
Volksstimme, 8. Mai 2023
MDR Sachsenspiegel, 6. Mai 2023
MDR Sachsen, 6. Mai 2023
Radio Lausitz, 6. Mai 2023
Tagesschau, 6. Mai 2023

Von: Kathryn Kortmann

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