06.06.2024 | Die Tarifbewegung in der Metall- und Elektroindustrie in Berlin, Brandenburg und Sachsen nimmt Fahrt auf. In Schönefeld diskutierten die Tarifkommissionen über die Ausgangslage und Erwartungen an die Tarifrunde im Herbst. Dafür liefert die große Beschäftigtenbefragung der IG Metall eine klare Botschaft: Mehr Geld für Metallerinnen und Metaller kann sich die Metall- und Elektroindustrie in Ostdeutschland leisten. Eindringlich warb die IG Metalll Jugend für die Forderung nach einer überproportionalen Steigerung der Ausbildungsvergütungen.
Klar: Die wirtschaftliche Lage könnte besser. Das machte Beate Scheidt, Konjunkturexpertin der IG Metall, in ihrer Präsentation vor der Tarifkommission deutlich. Die Institute erwarten überwiegend ein geringes Wachstum der deutschen Wirtschaft. Und die Metall- und Elektroindustrie, vor allem die Autohersteller, schwächelt besonders. Aber auch das betonte Beate Scheidt: Es gibt erste Anzeichen für eine Besserung. So machen die Erwartungen der Unternehmen Hoffnung auf eine Erholung. Und eindeutig ist: Vor allem der private Konsum stützt die Konjunktur. Deshalb sind Entgelterhöhungen als Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur unverzichtbar.
Dies bekräftigte Dirk Schulze, IG Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen: „Niemand bestreitet, dass die Industrie in Deutschland und auch hier bei uns im Osten durch die Transformation vor gewaltigen Herausforderungen steht. Aber die aktuellen Probleme sind kein Grund, alles schwarz zu malen“, so Dirk Schulze. „Da können die Arbeitgeber-Funktionäre noch so jammern und lamentieren: Völlig zu Recht erwarten die Kolleginnen und Kollegen in der Metall- und Elektroindustrie ein deutliches und nachhaltiges Lohnplus als Ausgleich für die starken Preissteigerungen. Die wirtschaftliche Lage in den Betrieben gibt das allemal her.“ Schulze fügte hinzu: „Klar ist auch: Lohnzurückhaltung oder gar Nullrunden haben eine Konjunkturflaute noch nie beendet. Im Gegenteil würden sie die wirtschaftlichen Probleme nur verschärfen.“
In der Aussprache in der Tarifkommission zeigte sich, wie unterschiedlich die Lage in den einzelnen Betrieben ist. Während einige Mitglieder von stark laufenden Geschäften und üppigen Gewinnen berichteten, wiesen andere auf große Sorgen und schwere Belastungen etwa durch hohe Energiekosten und die Transformation hin. Genauso ein gemischtes Bild zeigt die Beschäftigtenbefragung, die größte ihrer Art in der Geschichte der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen. Insgesamt beteiligten sich im Bezirk über 13.500 Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie.
Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung
Zentrales Ergebnis: Die Metall- und Elektroindustrie in Berlin-Brandenburg-Sachsen steht trotz aller Herausforderungen solide dar. Das machen die, die es am besten wissen, sehr deutlich. Über die Hälfte der Beschäftigten schätzt die wirtschaftliche Lage des eigenen Betriebs als gut oder sogar sehr gut ein. Immerhin ein Drittel beschreibt die Situation mit einem „Geht so“. Nur bei einer Minderheit von einem Siebtel läuft es schlecht oder sogar sehr schlecht. Insgesamt bewerten die Kolleginnen und Kollegen die Lage im eigenen Betrieb deutlich besser als die der Volkswirtschaft insgesamt.
Interessante Infos liefert die Befragung auch zu den Arbeitszeit-Vorstellungen. Eine überwältigende Mehrheit von über 86 Prozent wünscht sich mehr Souveränität und Selbstbestimmung bei der Arbeitszeit. Und mit 84 Prozent erklären fast so viele, dass ihnen mehr individuelle Wahlmöglichkeiten zwischen Zeit und Geld wichtig oder sehr wichtig sind.
Eine bedeutende Rolle in der Tako spielte die Jugend-Forderung nach einer besonders starken Erhöhung der Ausbildungsvergütungen. „Die Erhöhung der Ausbildungsvergütung muss überproportional sein“, erklärten die Jugendvertreter und -vertreterinnen. Denn die Auszubildenden wollen nicht länger von ihren Eltern finanziell abhängig sein und sie wollen auch nicht auf einen Zweitjob angewiesen sein. Das stieß auf breite Unterstützung in der Tarifkommission.
Wichtige Termine der Tarifrunde Metall und Elektro
All diese Punkte und Diskussionen fließen nun in die Forderungsbeschlüsse der Tarifkommissionen und die Forderungsempfehlung des IG Metall-Vorstands ein. Am 17. Juni 2024 beschließt der IG Metall-Vorstand seine Forderungsempfehlung. Am 21. Juni 2024 entscheiden die Tarifkommissionen aus allen Bezirken in Deutschland über ihre Forderungen für die Tarifrunde 2024. Die Tarifverhandlungen beginnen im September. Am 14. September leitet die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen dann mit dem Tarifauftakt in Potsdam die heiße Phase der Tarifrunde ein. Die Friedenspflicht endet am 28. Oktober um 24.00 Uhr. Ab dem 29. Oktober wären also Warnstreiks möglich.