Studierende

Privatsphäre schützen: keine Offenbarungspflicht von kranken Studierenden!

04.05.2023 | Schnupfen, Kopfschmerz oder Beinbruch – wer krankheitsbedingt nicht zur Arbeit oder Ausbildung geht, meldet sich krank und muss dafür keinen Grund angeben. Denn das gehört zur Privatspähre. Die haben auch dual Studierende – aber nicht in Sachsen. Dort müssen sie, wenn sie sich für eine Prüfung wegen Krankheit abmelden müssen, auch ihre Diagnose bei der Fachhochschule oder Berufsakademie angeben. Das ist ein No-Go und muss sich ändern, sagt die IG Metall.

Studierende und dual Studierende in Sachsen sind verpflichtet, gegenüber der Fachhochschule oder der Berufsakademie „die Hosen runterzulassen“ und preiszugeben, was sie haben und warum sie sich nicht gut fühlen und nicht an der bevorstehenden Prüfung teilnehmen können. Dann befindet der Prüfungsausschuss darüber, ob die Diagnose zur Abmeldung ausreicht oder die Prüfung als nicht bestanden gewertet wird.

„Studierende werden unter Druck gesetzt, Gesundheitsdaten preiszugeben. Wenn zum Beispiel eine Frühschwangerschaft eine Prüfungsteilnahme nicht zulässt, muss die betroffene Studentin abwägen, ob sie einen Prüfungsversuch für den Schutz ihrer Privatsphäre aufwendet oder sie diese intime Lebenssituation offenlegt. Das muss sich ändern“, sagt Jenny Pollow, im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen für Studierende zuständig.

Aktuell wird in Sachsen das Hochschulgesetz novelliert. Im Rahmen eines breiten Bündnisses Revolution Studium haben Studierende und Gewerkschaften auf den Missstand hingewiesen, dass die Privatsphäre durch Zwang zur Offenlegung von Diagnosen verletzt wird.

In der Anhörung zur Novelle des Hochschulgesetzes im Landtag am 6. März 2023 hat der DGB Sachsen gefordert, die Pflicht zur Offenlegung der Krankheitssymptome bei gesundheitsbedingten Prüfungsabmeldungen im Studium gesetzlich auszuschließen. Statt die Forderung ernst zu nehmen und die Privatsphäre der Studierenden zu schützen, hat das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kultur (SMWK) eine Handlungsanweisung an die sächsischen Hochschulen verschickt, die die Abfrage von Krankheitssymptomen der Studierenden als verpflichtend beschreibt, um eine Prüfungsunfähigkeit festzustellen.

Laut dieses Schreibens, das dem DGB vorliegt, bestimmt das SMWK: Die Entscheidung darüber, ob Studierende eine Krankheit haben, die zur Abmeldung von einer Prüfung berechtigt, liegt nicht bei den behandelnden Ärztinnen oder Ärzten, sondern bei den Mitgliedern des Prüfungsausschusses.

„Der sächsische Landtag hat jetzt die Möglichkeit, die Entscheidung über die Prüfungsunfähigkeit in die Hand der behandelnden Ärztinnen und Ärzte zu legen und sollte dies im Interesse der Studierenden tun“, sagt Daniela Kolbe, stellvertretende Vorsitzende des DGB Sachsen.

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags habe die Gesetzgebungskompetenz der Länder für Regelungen, die die Feststellung der Krankheit alleinig in die Hand der Ärztinnen und Ärzte legen, eindeutig bejaht. „Mehrere Bundesländer sind bereits entsprechende Wege gegangen. Wir fordern den sächsischen Landtag und die Staatsregierung mit großer Vehemenz auf, ebenfalls von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen“, so Kolbe weiter.

Es kann aus unserer Sicht nicht sein, dass Studierende bei einer Prüfungsabmeldung im Krankheitsfall ihre Symptome und Diagnosen der Hochschule gegenüber angeben müssen! Das ist ein massiver Eingriff in die Privatsphäre. Es mag sein, dass der Prüfungsausschuss nach aktueller Rechtsprechung über die Prüfungsunfähigkeit entscheiden muss – aber das sollte er nur auf Grundlage einer ärztlichen Einschätzung tun! Falls Kosten für eine solche Bescheinigung anfallen, müssen die Hochschulen diese übernehmen. Wir fordern eine Lösung, wie sie beispielsweise im Hochschulgesetz von Nordrhein-Westfalen zu finden ist.

Von: IG Metall/kk

Unsere Social Media Kanäle