Kommunalwahl

Rico Fiedler und Lars Pietsch: zwei Metaller mit Herz für Kamenz

03.06.2024 | Nur noch wenige Tage, dann wird in Kamenz ein neuer Stadtrat gewählt. Für frischen Wind im lokalen Parlament will das noch junge Bündnis „Miteinander für Kamenz“ sorgen. 14 Punkte umfasst das Wahlprogramm, 14 Kandidatinnen und Kandidaten treten an. Zwei von ihnen sind Metaller, die auch in der IG Metall Ostsachsen ehrenamtlich äußerst aktiv sind: Rico Fiedler und Lars Pietsch. Im Interview verraten die beiden, warum sie sich nun auch politisch engagieren und wofür „Miteinander für Kamenz“ steht.

Rico Fiedler und Lars Pietsch treten am 9. Juni bei der Kommunalwahl als Kandidaten im Bündnis „Miteinander für Kamenz“ an. Foto: privat

Rico Fiedler ist auf Listenplatz 7 gesetzt. Foto: Jasper Kortmann

Lars Pietsch belegt Listenplatz 9. Foto: IG Metall

Rico, Lars, auch wenn Ihr durch Euer Engagement in der IG Metall Ostsachsen vielen schon bekannt seid, stellt Euch doch kurz mal vor.
Lars:
Ich bin 46 Jahre jung, seit zwölf Jahren IG Metall-Mitglied, aktuell freigestellter Betriebsratsvorsitzender bei Linde & Wiemann in Elstra und auch Gesamtbetriebsratsvorsitzender im Unternehmen, dazu Delegierter und Ortsvorstandsmitglied der Geschäftsstelle Ostsachsen.
Rico: Ich bin zehn Jahre jünger als Lars, also 36, bin Betriebsrat bei der Accumotive in Kamenz, begeistertes IG Metall-Mitglied und Mitglied der Delegiertenversammlung in Ostsachsen. Und ja, ich bin überzeugter Kamenzer. In Kamenz bin ich aufgewachsen, hier habe ich bei einer Maschinenbaufirma erfolgreich meine Ausbildung als Konstruktionsmechaniker absolviert und mich in den vergangenen Jahren zusätzlich in puncto Arbeitsrecht weiterentwickelt und dabei einiges an Wissen und Erfahrung gesammelt.

Das hört sich bei Euch beiden nicht so an, als hättet Ihr Langeweile. Trotzdem kandidiert Ihr jetzt für das neue Bündnis „Miteinander für Kamenz“. Warum?
Rico:
Kamenz ist mein Zuhause. Mein Herz schlägt für diese wunderschöne Stadt und für die Menschen, die hier leben. Ich setze mich leidenschaftlich für meine Kolleginnen und Kollegen im Betrieb ein. Dabei möchte ich es aber nicht belassen. Ich möchte mein Engagement auch im Stadtrat einbringen, mich für unsere Stadt stark machen und die sozialen Themen, die uns bewegen, zielführend voranbringen.
Lars: Viele jammern oder meckern nur. Das ist gar nicht meine Mentalität. Das führt ja auch zu nichts. Wir haben das große Glück, in einer Demokratie zu leben. Die ermöglicht es jedem und jeder, sich einzubringen, mitzugestalten und auf seine ganz eigene Weise was Positives zu bewirken. Dazu habe ich das Gefühl, dass ein bisschen frischer Wind unserem Stadtrat und unserer Stadt insgesamt guttun würde. Manchmal ist es einfach gut, eingefahrene Strukturen zu verlassen, neue Wege zu gehen, neue Ideen zuzulassen, um Dinge voranzubringen. Dafür ist das Bündnis gut und – obwohl wir nur 14 Kandidatinnen und Kandidaten sind – breit aufgestellt.    

Erzählt mal.
Lars: Das Bündnis geht querbeet durch die Gesellschaft. Darunter sind gestandene Kommunalpolitiker und Bundestagsabgeordnete, aber auch Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die noch keine politischen Erfahrungen haben. Es ist die jüngste Vereinigung und die mit dem größten Frauenanteil, die am 9. Juni zur Kommunalwahl in Kamenz antritt.
Rico: Wir sind eine bunt gemischte Truppe, in der einige über das Bündnis hinaus schon eine politische Heimat haben, andere parteilos sind, im Alter zwischen 20 und 60. In unseren Reihen engagieren sich Handwerker und Angestellte, Beamte, Studierende und Selbstständige. Wir repräsentieren Familien und Singles. So bunt wie wir sind, so vielseitig sind auch die Themen, die wir mitbringen. Uns eint die Begeisterung für unsere Heimatstadt Kamenz und die Ortsteile, die zu Kamenz gehören. Sie voranzubringen, damit sie für alle Menschen, die hier wohnen, lebens- und liebenswert ist, ist unser Ziel. Zugegebenermaßen ein großes Ziel, aber keine Utopie.

Wie wollt Ihr das erreichen?
Rico: Manchmal müssen nur kleine Stellschrauben gedreht werden, und schon ändert sich ganz viel …
Lars: … ja, eine andere Diskussionskultur, die auch neue Ideen zulässt, könnte zum Beispiel für Aufbruchstimmung im Stadtrat sorgen und dazu beitragen, auch mal abseits der eingefahrenen Pfade zu gucken, wie Kamenz vorangebracht werden kann. Im Grunde, wie Rico schon sagt, sind das oft Kleinigkeiten, die für eine andere Stimmung, für einen wertschätzenderen Umgang miteinander sorgen und so dazu beitragen können, die Stadt lebenslustiger zu gestalten.
Rico: Dann gibt es natürlich auch noch ein paar größere Dinge, die wir anpacken wollen. Ich denke da zum Beispiel daran, die Verwendung von Geldern zu überdenken. Aktuell investiert die Stadt viel Zeit und Geld in Feste und Events. Ressourcen, die dann an anderer Stelle fehlen. Wichtige Projekte wie Aus- oder Neubau der Schwimmhalle, bezahlbarer Wohnraum oder barrierefreie Gehwege bleiben auf der Strecke, Kitagebühren steigen.

14 Kandidierende, ein Wahlprogramm mit 14 Punkten. Zufall?
Lars:
Nein. Das Bündnis bildet in seiner Breite Kamenz ab. Jede Kandidatin und jeder Kandidat steht ganz persönlich für ein Ziel, das wir uns auf unsere Fahnen geschrieben haben. Ich habe mir zum Beispiel vorgenommen, für mehr Transparenz in der Haushaltsgestaltung zu sorgen. Wenn unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger wissen, wie es um die finanzielle Lage bestellt ist, führt das auch zu mehr Verständnis, warum manche Entscheidungen fallen, wie sie fallen – und letztlich auch zu weniger Unmut.  Wichtig finde ich auch, dass ehrenamtliches Engagement in der Stadt mehr gesehen, gewürdigt und unterstützt wird.
Rico: (lacht) Ich arbeite bei Accumotive, da ist es fast naheliegend, dass mir Themen wie Energiegewinnung und Energiespeicherung am Herzen liegen. Mein Schwerpunkt im Wahlprogramm sind die erneuerbaren Energien. Ich werde mich dafür stark machen, dass wir in Sachen Energie autarker werden.

Was schwebt Dir da vor?
Rico: Die jüngsten Krisen haben gezeigt, wie abhängig wir gerade in Sachen Energie von anderen sind. Die erneuerbaren Energien bieten Möglichkeiten, uns davon unabhängiger zu machen. Wir müssen Möglichkeiten finden, das Speichern überschüssiger Energien zu fördern. Dabei denke ich zum Beispiel an die Gründung von Genossenschaften für Bürgerenergie, die die Stadt in Sachen Energie nicht nur unabhängiger von den großen Energiekonzernen, sondern letztlich auch sicherer macht. Wir zwei stehen für zwei von 14 Zielen, die im Grunde alle Bereiche des Miteinanders in Kamenz und seinen Ortsteilen berühren.

Was sind die Ziele von „Miteinander für Kamenz“ in Sachen Wirtschaft?
Lars: Auch da haben wir in erster Linie Kamenz im Blick. Wir setzen uns zum Beispiel dafür ein, dass städtische Aufträge vorrangig an einheimische Unternehmen vergeben werden und eine gezielte Gewerbeansiedlung und -förderung intensiviert wird. Irgendwie also Local Content im ursprünglichsten Sinn.

Welche Chancen rechnet Ihr Euch für „Miteinander für Kamenz“ aus?
Rico: Wir sind ja noch relativ jung, haben uns erst im Herbst 2023 gegründet und es wäre vermessen, gleich nach den Sternen greifen zu wollen. Aber wir gehen schon davon aus, dass „Miteinander für Kamenz“ im neuen Stadtrat vertreten ist.
Lars: Wenn wir drei oder vier Sitze ergattern, ist das für ein so junges Bündnis schon ein gutes Ergebnis. Bei unserem Wahlkampf, den wir gemacht haben, haben wir jedenfalls gemerkt, dass die Leute neugierig sind auf das, was wir zu sagen haben.
Rico: Ja, ich habe zum Beispiel jeden Donnerstag für zwei Stunden auf dem Wochenmarkt gestanden. Die Menschen haben sich gefreut, wenn wir sie angesprochen haben. Dabei haben sich gute Gespräche ergeben.

Warum braucht es neben etablierten Parteien gerade auch in der Lokalpolitik frische Bündnisse oder Wählergemeinschaften?
Lars: Ich habe die Hoffnung, dass wir mit unserem Wahlprogramm auch die Menschen erreichen, die sich bei den etablierten Parteien nicht gesehen fühlen. Diese Wählerinnen und Wähler zur Wahl zu bringen und sich nicht damit zufriedengeben, dass sie den Wahlkabinen fernbleiben, stärkt die Demokratie.
Rico: Etablierte Parteien sind in ihrer Denkweise vielleicht manchmal ein bisschen zu eingefahren, um neue Ideen zuzulassen. Gerade im Kleinen lässt sich aber viel bewegen, wenn sich engagierte Bürgerinnen und Bürger zusammentun, die, so unterschiedlich sie sind, ein gemeinsames Ziel vor Augen haben: Dass Kamenz allen Menschen, die hier leben, Platz  bietet und möglichst zur Wohlfühloase wird. Überparteilich wie wir sind, verfolgen wir im Grunde gewerkschaftliche Maximen: Gemeinsam geht mehr, ein besseres Leben und Miteinander für alle und Solidarität gewinnt.

Von: kk

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