18.04.2024 | 250 Beschäftigte von Borbet Sachsen in Kodersdorf haben ihrem Arbeitgeber am 18. April noch einmal ein deutliches Signal geschickt. Für vier Stunden rollte kein Rad über die Produktionsbänder des Premiumreifenherstellers. Mit ihrem zweiten Warnstreik haben die Beschäftigten den Druck erhöht und die Geschäftsführung aufgefordert, endlich ein Angebot auf den Verhandlungstisch zu legen. „Wir wollen fair behandelt werden“, lautete die Botschaft der Kolleginnen und Kollegen, die von allen europäischen Borbet-Standorten am schlechtesten bezahlt werden.
„Wir nehmen es nicht länger hin, dass unsere Kolleginnen und Kollegen hier in Kodersdorf wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden“, sagte Uwe Garbe, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen. „Heute hat der CFO-Group von Borbet die Gelegenheit, seinen Beschäftigten beim Arbeitskampf zuzusehen. Vielleicht führt das ja zu einem Umdenken und zum Ende der Blockadehaltung.“
Doch der CFO, der an einer Sitzung des Konzernbetriebsrats in Kodersdorf teilnahm, ließ die Gelegenheit verstreichen. Er zeigte sich nicht und war auch für keinen Kommentar zu haben.
„Wir fordern die Geschäftsführung auf, uns schnellstmöglich ein Angebot zu unterbreiten“, sagte Uwe Garbe. „Dass wir Arbeitskampf können, zeigen die Kolleginnen und Kollegen heute einmal mehr. Sie stehen geschlossen und entschlossen hinter unseren Forderungen. Wir können weiter eskalieren und wir sind bereit dazu.“
IG Metall fordert Ende des Zeitspiels
„Auch unsere Geduld hat ein Ende“, sagte Krzysztof Iwanowski, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Ostsachsen. „Vier Verhandlungsrunden haben wir bislang geführt. Viermal hat uns der Arbeitgeber wirtschaftliche Zahlen präsentiert, ohne ein Angebot zu präsentieren. Das ist nichts als Hinhaltetaktik und Zeitspiel.“
Zeitspiel auf Kosten der Beschäftigten. „Die Preise an der Tankstelle oder der Supermarktkasse sind dauerhaft hoch. Für ihre Einkäufe müssen unsere Kolleginnen und Kollegen auch immer direkt bezahlen und nicht erst irgendwann“, so Uwe Garbe. Sie brauchen eine dauerhafte und spürbare Entlastung, und zwar jetzt!“
Solidaritätsbesuche und Solidaritätsschreiben
Die IG Metall hatte die Früh- und die Spätschicht zu jeweils zweistündigen Warnstreiks über die Mittagszeit aufgerufen. Aber es kamen viel mehr, um Druck zu machen und den Arbeitgeber zum Umdenken zu bewegen. Auch Freischichtlerinnen und Freischichtler ließen es sich nicht nehmen, den Warnstreik zu unterstützen. Dazu statten Kolleginnen und Kollegen aus anderen Betrieben – von Acosa in Kodersdorf, Accumotive in Kamenz oder Ontex in Großpostwitz – den Borbet-Beschäftigten Solidaritätsbesuche ab. Auch der AGA aus der Geschäftsstelle Ostsachsen war mit einer Delegation in Kodersdorf vertreten, um den Kolleginnen und Kollegen Mut für ihren Arbeitskampf zuzusprechen.
Die Vertrauensleute von Borbet Thüringen hatten ein Solidaritätsschreiben geschickt, das vor dem Werktor verlesen wurde. „Wir freuen uns, dass Ihr Euch aufgemacht habt, für gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen zu kämpfen. … Wir lassen nicht zu, dass … ein Keil zwischen Kolleginnen und Kollegen getrieben und euer Kampf delegitimiert wird. Ihr gebt uns Hoffnung und seid Vorbild: Wer sich organisiert, kann Gutes erreichen. Das macht Euren Kampf auch zu unserem und stärkt uns den Rücken. Macht weiter so, werden stärker und lasst Euch nicht unterkriegen!“, heißt es in der Solidaritätsbekundung aus Thüringen.
Und auch die Sektion Metaller der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc unterstützte die Borbet-Kolleginnen und -Kollegen mit einem Solidaritätsschreiben.
Forderung der IG Metall
Die IG Metall fordert die Anerkennung aller Tarifverträge der sächsischen Metall- und Elektroindustrie, einschließlich der Einführung des Entgeltrahmenabkommens (ERA) und eine soziale Komponente als Inflationsausgleich.
Wie gehts weiter?
Der Termin für die fünfte Verhandlungsrunde steht noch nicht fest. Sicher ist aber: Es wird nicht der letzte Warnstreik gewesen sein, sollte es da erneut zu keinem Angebot kommen. Warnstreiks können auch länger als vier Stunden gehen – die Beschäftigten sind bereit.
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